Der Jahrgang 1919
Die deutsche Inflation war schon im vollen Gange, aber wurde noch nicht von allen zur Gänze bemerkt. Sicherlich, die Preise für Lebensmittel und andere Gebrauchsgüter waren sehr stark gestiegen. Die deutsche Bevölkerung war aber noch durch die Kriegsjahre Not gewöhnt. So ahnten die wenigsten Menschen im damaligen Deutschen Reich, wie weit sich die Inflationsspirale noch drehen würde.
Im Jahre 1919, also im Jahr der Gründung der Weimarer Republik, wurden insgesamt acht Briefmarken herausgegeben, darunter auch zwei Flugpostmarken:
Ausgabe für Kriegsbeschädigte:
10+5 Pfennige | rot bis dunkelrot | Überdruck Germania Michel-Nr. 66 |
15+5 Pfennige | violett | Überdruck Germania Michel-Nr. 101 |
Die Erste der beiden überdruckten Briefmarken gibt es in zwei, die Zweite der beiden Marken in drei Farbvarianten.
Der Text der Aufdrucke lautet: 5 Pf / für Kriegs- / beschädigte
Der Aufdruck ist im Buchdruck ausgeführt und rußig-glänzend bis matt.
Ausgabe zur Eröffnung der Nationalversammlung in Weimar
- 10 Pfennige karminrot
- 15 Pfennige siena/schwärzlichtürkisblau
- 25 Pfennige dunkelopalgrün/zinnoberrot
- 30 Pfennige dunkelgraulila
Der 30-Pfennig-Wert existiert in drei Farbvarianten. Besonders gesucht sind Zwischensteg-Paare der zu den ersten Sondermarken des Deutschen Reich zählenden Postwertzeichen.
Flugpostmarken 1919
- 10 Pfennige rotorange
- 40 Pfennige opalgrün
Von beiden Marken unterscheidet man jeweils zwei Farbvarianten. Besonders bei diesen beiden Briefmarken existieren eine Vielzahl von Druckzufälligkeiten. Diese werden gerne als Plattenfehler fehlgedeutet. Ein Plattenfehler ist im Gegensatz zu einer Druckzufälligkeit regelmäßig zu beobachten. Druckzufälligkeiten kommen dagegen nur einmal oder nur wenige Male vor.
Erlaubt war auch das Freimachen von “gewöhnlichen” Sendung mit den Flugpostmarken.
Die Ausgabe für die Kriegszuschlagmarken
Die Kriegsfürsorgemarken waren nur auf dem Gebiet der Deutschen Reichspost einschließlich Bayern und Württemberg gültig. Ursprünglich angedacht war die begrenzte Verfügbarkeit der beiden Marken an den Schaltern bis zum 31. Mai 1919. Erst am 31. Mai, dem geplanten letzten Verkaufstag der Überdruckmarken, sollten Massenabgaben erlaubt sein. Allerdings war die Nachfrage unerwartet hoch. Dazu kam, dass einige Postämter mit den Marken gar nicht erst beliefert wurden. Darum wurde die Abgabe der beiden Briefmarken an das Publikum bis zum 25. August des Jahres verlängert. Erst danach wurden unverkauft gebliebene Markenbestände an das Reichspostmuseum abgegeben.
Sämtlich Aufdruckmarken dieser Ausgabe sind Plattendrucke. Besonders gesucht sind Unterrand-Paare mit HAN-Nummern (Hausauftragsnummern). Sowie die Farbvarianten, durch welche sich die verschiedenen Auflagen der Urmarken, also der Ursprünglichen, nicht überdruckten Briefmarken unterscheiden lassen. Bei den Aufdrucken lassen sich zahlreiche Unregelmäßigkeiten erkennen. Manche spezialisierte Philatelisten haben ein großes Interesse an Marken mit besonders stark ausgeprägten Fehlern.
Die Erinnerungsmarken an die Deutsche Nationalversammlung in Weimar
Diese vier Postwertzeichen werden gerne als die ersten Sondermarken des Deutschen Reiches bezeichnet. Die Entwürfe stammen aus einem Wettbewerb, den der deutsche Reichspostminister an deutsche Künstler ausgeschrieben hatte. Alle drei Entwürfe wurden preisgekrönt und stammen von den Künstlern Frank (10-Pfennig-Wert), Böhm (15-Pfennig-Wert) und Matthey (25 und 30-Pfennig-Wert).
Die Marken wurden in doppelten Schalterbögen zu 5 mal 10 Postwertzeichen gedruckt, getrennt durch Zwischenstege. Wie oben bereits erwähnt, suchen besonders Spezialisten solche Zwischensteg-Paare. Leider sind solche Paare oft “angeknickt”, weil die Bögen für den Gebrauch am Postschalter durch den Postbeamten vorgefaltet waren. Ungefaltete Zwischenstegpaare sind ausgesprochen selten und schwer zu finden.
Bei den Briefmarken dieser Ausgabe sind selbstverständlich Bögen mit Reihenwertzähler, HAN, Formnummern und auch Farbstich-Balken zu finden. Randstücke und Randpaare mit solchen Randdrucken werden von Spezialsammlern gesucht und erziehen ein Vielfaches der Preise für die einfachen Marken. Genauere Auskunft dazu gibt der “Michel-Deutschland-Spezialkatalog”, Bd.1.
Angeblich wurde der 10-Pfennig-Wert nach telefonisch angefragter Genehmigung halbiert auf Drucksachen verwendet, der Wahrheitsgehalt dieser Aussage ist leider fraglich. Die telefonische Genehmigung soll vom Postamt Wtelno bei der vorgesetzten Dienststelle Bromberg erteilt worden sein. Allerdings wurde die Dienststelle Wtelno bereits am 19. Januar von der polnischen Post übernommen. Daher war die Dienststelle Bromberg nicht zuständig. Zudem berührte dieses Gebiet nicht mehr den Hoheitsbereich der Deutschen Reichspost. Die mit den schräg halbierten Briefmarken versehenen Drucksachen tragen den Dienststempel: K. D. POSTAGENTUR WTELNO KR. BROMBERG.
Von allen vier Marken sind Abarten und Besonderheiten bekannt, wie zum Beispiel leicht verschobene Drucke, Vollabklatsche und andere.
Die vier Erinnerungsmarken wurden zusammen mit den beiden überdruckten Germania-Marken der vorhergehenden Ausgabe am 1. November frankaturungültig.
Die Luftpostmarken
Aufgrund eines Abkommens mit der Deutschen Luft Reederei (DLU) wurden aus Anlass der Tagung der Deutschen Nationalversammlung in Weimar im Februar 1919 von der Deutschen Reichspost-Verwaltung die erste öffentliche Luftpostlinie zwischen Berlin und Weimar eingerichtet. Mit Zwischenstopp bei Leipzig, vorher mit Postabwurf. Diese Luftpostlinie wurde später bis nach Warnemünde verlängert. Allerdings wurde der Betrieb dieser Luftpostlinie mehrfach unterbrochen, da durch die schwierige wirtschaftliche Lage des Deutschen Reiches in dieser Zeit Treibstoffmangel herrschte. Dieser wurde unter anderem auch durch die Einrichtung zahlreicher weiterer privater Flug- und Flugpostlinien mit verursacht.
Bis zur Ausgabe der beiden Flugpostmarken waren Luftpostsendungen mit “normalen” Briefmarken freizumachen. Bis Mitte Juli betrug die Gebühr für einen Luftpostbrief bis 20 Gramm inklusive Eilbotenzustellung 1 Mark. Fast gleichzeitig mit der Ausgabe der beiden Luftpostmarken wurde der Tarif herabgesetzt auf 80 Pfennige für einen 20-Gramm-Luftpostbrief. Ebenso konnten nun Luftpostsendungen im gesamten Reichsgebiet eingeliefert werden.
Das Frankieren gewöhnlicher Postsendungen mit den beiden Luftpostmarken war erlaubt, jedoch unerwünscht, da dies sehr häufig geschah. Aus diesem Grunde sind echte Luftpostsendungen unter spezialisierten Philatelisten gefragt und entsprechend hoch bewertet.
Die beiden Luftpostmarken verloren ihre Gültigkeit am 1. Oktober 1923.
Bei den beiden Briefmarken handelt es sich um die ersten amtlichen Flugpostmarken Deutschlands. Es sollten ihnen noch viele Weitere folgen.
Sammeln von Briefmarken des Jahres 1919
Postfrische Briefmarken des Jahres 1919 der Deutschen Reichspost sind für jeden erschwinglich, wenn man sich auf die Hauptnummern konzentriert. Die Farbvarianten sind etwas kostenintensiver, aber keine ausgesprochenen Raritäten. Viel Freude werden Sammler haben, die sich auf Plattenfehler und Druckzufälligkeiten spezialisiert haben. Ebenso Philatelisten, welche sich für Randdrucke wie HAN und Reihenwertzähler oder Druckform-Nummern interessieren.
Bei gestempelten Briefmarken aus diesem Jahr wird es schon etwas schwieriger. Leider kursieren viele Falschstempel oder Nachstempelungen im Handel. Deshalb ist eine kompetente Prüfung immer zu empfehlen. Besonders die echt Luftpost-beförderten Marken der Letzten Ausgabe des Jahres 1919 sind sehr gesucht. Darum gibt es eben auch viele Luftpostmarken mit Falschstempeln, ebenso Belege. Für diese gilt das eben gesagte besonders. Vom grünen 40-Pfennig-Wert der Luftpostmarken existieren Ganzfälschungen, die aber wegen ihrer primitiven Ausführung kaum ernst zu nehmen sind.