Die Deutsche Inflation ist eine direkte Folge des ersten Weltkrieges und der damit unmöglich leistbaren Reparationszahlungen, welche Deutschland von den Siegermächten auferlegt wurden.
In diesem Artikel und in den folgenden Artikel zur Inflationszeit soll es aber weniger über die politischen Hintergründe für das Zustandekommen der deutschen Inflation gehen. Dagegen soll eher der philatelistische Aspekt der größten deutschen Wirtschaftskatastrophe beleuchtet werden.
Das Sammelgebiet “Deutsche Inflationsmarken” umfasst die Briefmarkenausgaben des Deutschen Reich vom 1. August 1916 bis zum Ende des Novembers 1923. Es umfasst 235 Briefmarken von den Michelnummern 98 bis 337, Abarten und Typen. Andere Unterscheidungen wie zum Beispiel die OPD-Ausgaben, nicht mitgerechnet.
Die Briefmarkenausgaben der deutschen Inflation: Ein Überblick
Ende der 10er-Jahre des 20. Jahrhunderts – die meisten Philatelisten datieren den Beginn der Inflation aus Sammlersicht auf den 1. August 1916, begann eine der wirtschaftlich schwersten Zeiten für die deutsche Bevölkerung, die deutsche Inflation. Die Preise stiegen, die Arbeitslosigkeit nahm ungeahnte Ausmaße an, Vermögen wurden nahezu wertlos. Besonders hart traf es die “kleinen Sparer”, welche ohnehin kaum über Vermögen im eigentlichen Sinne verfügten und ihr “sauer Verdientes” Groschen für Groschen, Mark für Mark angespart hatten.
Die Entwicklung des Briefportos während der Inflationszeit
Die rasante Geldentwertung lässt sich an der Entwicklung des Briefportos in den Jahren 1916-1923 auffallend gut beobachten. Besonders während der sogenannten “Hyperinflation” entwickeln sich die Briefporti in astronomische Höhen. Hier ein Überblick.
Das Jahr 1923 wird im Allgemeinen als Zeit der Hyperinflation bezeichnet, hier fett dargestellt. Die Summen, die für das Briefporto zu zahlen waren, haben nach dem Millionen-Bereich sogar die Milliarden-Grenze überschritten:
- 31.01.1918 0,15 Mark
- 31.01.1919 0,15 Mark
- 31.01.1920 0,20 Mark
- 31.01.1921 0,40 Mark
- 03.10.1921 0,60 Mark
- 31.01.1922 2,00 Mark
- 21.10.1922 6,00 Mark
- 31.01.1923 50,00 Mark
- 26.06.1923 100,00 Mark
- 08.08.1923 1000,00 Mark
- 07.09.1923 75 Tausend Mark
- 03.10.1923 2 Millionen Mark
- 11.10.1923 5 Millionen Mark
- 22.10.1923 10 Millionen Mark
- 03.11.1923 100 Millionen Mark
- 09.11.1923 1 Milliarde Mark
Plattenfehler und Besonderheiten bei Inflationsmarken
Die Geldentwertung verlief besonders in den Jahren 1922 und 1923 rasant. Es mussten immer schneller immer mehr Briefmarken mit neuen Portostufen gedruckt werden. Die “alten” Marken wurden fast ebenso schnell ungültig, wie sie gedruckt worden sind. Zum Beginn der Inflationszeit hat die Deutsche Reichspost komplett neue Briefmarken herausgegeben. Später behalf man sich mit dem Überdrucken ungültig gewordener Briefmarken-Bestände, die reichlich vorhanden waren.
Durch den ständigen Druck, neue Postwertzeichen produzieren zu müssen, vereinfachte die Deutsche Reichspost den Herstellungsprozess stark. So kam es häufig zu Fehldrucken, Plattenfehlern und anderen Abarten, wie zum Beispiel ungezähnt gebliebene Marken, Farbabarten, Verzähnungen, Aufdruckfehler und anderen Besonderheiten. Für Spezialisten – von denen es viele gibt – erschließt sich hier ein hochinteressantes Sammelgebiet.
Besonders interessant sind die OPD (Ober Post Direktion)-Drucke- beziehungsweise Überdrucke. In den Zeiten der Hochinflation waren die einzelnen OPDs teilweise damit beauftragt, die Briefmarken für ihren Direktionsbereich selbst zu überdrucken. Daraus ergeben sich Typenunterschiede.
Insbesondere Stücke mit Oberrand werden gerne gesammelt und sind teilweise recht selten und teuer. Der Sammler unterscheidet dabei nach einzelnen OPDs bei den Überdruckmarken sowie nach Typen innerhalb der OPDs. Leider gibt es und das muss immer wiederholt werden, reichlich Überdruckfälschungen von den seltenen Überdruck-Typen. Daher sollte man grundsätzlich bei den teureren Werten nur aktuell geprüfte Stücke erwerben.
Aber Vorsicht: wer Überdrucke fälscht, kann auch Prüfsignaturen imitieren und tut das in der Regel auch. Ohnehin empfiehlt sich bei Werten ab 100 € mindestens ein Kurzbefund vom Bund Philatelistischer Prüfer (BPP).
Gestempelt oder Ungestempelt?
Das ist eine Frage, die nicht nur das Interesse an der Postgeschichte beantworten kann, sondern auch der persönliche Geldbeutel. Ungebrauchte Briefmarken aus der Inflationszeit sind erschwinglich und kosten oft nur Centbeträge. Für einzelne, perfekt erhaltene postfrische Stücke und sogar manche kompletten Bögen zahlt man nur wenige Euro.
Echt gebrauchte und gestempelte Briefmarken aus der Inflationszeit, besonders aus dem Jahre 1923, sind dagegen teuer und gesucht. Der Grund liegt in der kurzen Dauer der Gültigkeit der Marken. Unmengen falsch gestempelter Inflationsmarken sind im Umlauf. Von komplett gefälschten Stempelabschlägen über Nachmalungen bis hin zu Nachstempelungen mit privat erworbenen echten Poststempeln.
Hier ist besonders große Vorsicht geboten, deshalb auch hier nochmals der Hinweis: teure, gebrauchte Inflationsmarken nur aktuell geprüft erwerben, am besten mit einem Fotoattest. Auch in früherer Zeit war das Problem mit den Falschstempeln auf Inflationsmarken ein Thema. Daher sind sogenannte Infla-Geprüfte Stücke im Handel erhältlich. Diese Prüfsignaturen sehen aus wie ein Quadrat mit abgerundeten Ecken. Es gibt auch kreisförmige Signaturen. Teure Briefmarken sollte man deshalb besser nachprüfen lassen.
Besonders komplette Briefe belegen die Wirren der Postgeschichte dieser Zeit. Es gibt Briefe, bei denen ist durch die vielen verklebten Briefmarken kaum die Anschrift zu erkennen. Es gibt auch versetzt aufeinander verklebte Briefmarken auf Ganzbriefen. Sie werden unter spezialisierten Philatelisten als “Dachziegel-Frankatur” bezeichnet.
Zusammenfassend kann man sagen, eine komplette Inflationssammlung mit postfrischen Marken in den Hauptnummern ist günstig aufzubauen. Bei echt gebrauchten Stücken wird der Aufbau einer Sammlung schon recht teuer und schwierig. Besonders wenn man Briefe und Briefstücke in die Sammlung mit aufnehmen möchte.
Eine Inflations-Briefmarkensammlung in ungebrauchter Erhaltung kann ein guter Grundstock für den Aufbau einer Spezialsammlung mit Plattenfehlern und anderen Abarten sein. Der geneigte Sammler wird kaum an die Grenzen der Sammelmöglichkeiten gelangen, des großen Umfanges an existierenden Abarten.
Zum Thema gibt es von den verschiedenen ARGE (Arbeitsgemeinschaften) ein umfassendes Angebot an Spezialliteratur. Im Besonderen erwähnt sei hier die “Infla-Bücherei” (Infla Berlin). Hier gibt es auch eine große Auswahl an Plattenfehler-Katalogen der einzelnen Ausgaben. Der Michel-Deutschland-Spezial listet nur einen kleinen Teil der existierenden Plattenfehler auf, gerade einmal die Wichtigsten.
Trotz der überhasteten Herstellung der Briefmarken-Ausgaben der Inflation sind die Marken sehr gelungene grafische Objekte, welche viele Liebhaber ihr Eigen nennen. Ein besonders reizvolles Sammelgebiet innerhalb der deutschen Inflationsmarken ist eine komplette Bogensammlung. Ist ein solches Unterfangen bei den meisten deutschen Sammelgebieten eher aussichtslos, ist dies bei den Inflationsmarken mit genügend Ausdauer umsetzbar. Der Fachhandel, damit sind renommierte Händler gemeint, bieten oft komplette Bögen einzeln oder gesammelt an.