Ein altdeutscher Staat mit vergleichsweise vielfältigen Briefmarkenausgaben ist Hannover. In der Zeit vom 30. November 1850 bis zum Ende 1864 gab das Königreich Hannover 24 Briefmarken in den unterschiedlichsten Zeichnungen heraus. Von den Hannover-Marken existieren recht viele Varianten und Plattenfehler. Ab 1866 war Hannover preußische Provinz und unterstand der preußischen Post.
Angefangen von Wappenzeichnungen (1850) über Herrscherbilder (König Georg V., 1859) bis hin zu stilisierten Motiven (Posthorn und Krone, 1860) reicht die Motivvielfalt der altdeutschen Briefmarken des Königreichs Hannover. Die erste Ausgabe erfolgte am 30. November 1850 mit der 1 Gutegroschen-Briefmarke, von welcher in postfrischer Erhaltung nur noch sehr wenige Exemplare existieren.
Hier eine Einführung und eine Übersicht zu den erschienenen Hannovermarken:
1850, Wappen, geschnitten
1850 erschien die Briefmarke 1 Gutegroschen in graublau mit dem Wasserzeichen „Linien“.
1851, Wappen, geschnitten
- 1 Gutegroschen graugrün
- 1/30 Thaler lachsrot
- 1/15 Thaler graublau
- 1/10 Thaler gelb
Alle Marken der Ausgabe von 1851 tragen das Wasserzeichen „Eichenkranz“. Vom 1/30 Thaler-Wert unterscheidet man zwei Auflagen, welche durch die Papierfarbe unterscheidbar ist.
1853, Ziffer und Krone, geschnitten
In diesem Jahr erschien nur eine 3 Pfennig Briefmarke in der Farbe rosa.
1855, Wappen
Im Jahr 1855 wurde der 1/10 Thaler in schwarz herausgegeben. Dieser besitzt Netzunterdrucke, welche in gelb und orange unterschieden werden. Das Netz ist engmaschig, im Gegensatz zum Netzunterdruck der Marken der Ausgabe von 1856/57.
1856/57, Wappen, geschnitten
- 3 Pfennige rosa
- 1 Gutegroschen grün
- 1/30 Thaler rosa
- 1/15 Thaler blau
- 1/10 Thaler orange
Vom 3-Pfennig-Wert unterscheidet man zwei Varianten. Eine mit schwarzem Netz, die andere mit grauem Netz. Das Netz ist weitmaschig, im Gegensatz zum Netzunterdruck der 1855er Ausgabe.
1859, Ziffer und Krone, geschnitten
Auch bei der 3 Pfennig-Marke unterscheidet man zwei Farbvarianten: Rosa und Karmin. Die Marken tragen kein Wasserzeichen.
1859/60, Kopfbild von Georg V.
- 1 Groschen rosa
- 2 Groschen blau
- 3 Groschen gelb
Vom 1-Groschen-Wert unterscheidet man bis zu vier Farbvarianten. Zur sicheren Bestimmung sollten die Marken kompetent geprüft sein. Von der Farbvariante „dunkelrötlichkarmin“ des 1-Groschen-Wertes unterscheidet man zusätzlich noch in „grober Druck“ und „feiner Druck“. Vom 2-Groschen-Wert unterscheidet man ebenfalls zwei Farbvarianten: blau und dunkelblau, die Farbbezeichnungen können aber je nach Katalog variieren.
1860, Posthorn, geschnitten
Die schwarze ½ Groschen Marke gibt es in zwei Varianten: mit weißem oder mit rotem Gummi, die einwandfreie Bestimmung bei gebrauchen Exemplaren ist meist schwierig.
1861, Kopfbild von Georg V., geschnitten
- 10 Groschen grün
- 3 Groschen braun
Der 10-Groschen-Wert ist wohl unbestritten die Top-Rarität der Hannovermarken, besonders in gebrauchter Erhaltung. Vom 3-Groschen-Wert unterscheidet man drei Farbvarianten, von hell- bis mittelbraun über dunkelbraun bis graubraun.
1863, Ziffer und Krone, geschnitten
Der 3 Pfennige grün ist in gebrauchter Erhaltung recht selten, er wird leider oft gefälscht und sollte nur aktuell geprüft erworben werden. Es gibt ein Exemplar der Ausgabe von 1864 mit gleichem Motiv, bei denen der Durchstich abgeschnitten wurde. Vorsicht vor solchen Stücken! Nach dem Michel-Katalog beträgt die Mindestgröße für die echte Marke 21 ½ x 24 ½ Millimeter.
1864/65, Marken durchstochen 16
Nominal & Währung | Farbe | Motiv |
3 Pfennige | grün | Ziffer und Krone |
½ Groschen | schwarz | Posthorn |
1 Groschen | rosa | Kopfbild Georg V. |
2 Groschen | blau | Kopfbild Georg V. |
3 Groschen | braun | Kopfbild Georg V. |
Die Marken dieser Ausgabe unterscheiden man in zwei Varianten: eine mit weißem Gummi, die andere mit rosafarbenem Gummi. Zusätzlich existieren der grüne 3-Pfennig-Wert und der blaue 2-Groschen-Wert auf dünnem Papier, der Michel-Katalog bezeichnet diese mit dem Zusatzbuchstaben „z“ nach der Katalognummer (21 und 24).
Die Briefmarken des Königreich Hannover waren bis zum 31. Oktober 1866 gültig. Die Marken der Ausgabe von 1864/65 wurden noch bis Ende Dezember ohne Beanstandung im preußischen Postamt Hamburg verwendet.
Die Erhaltung der Hannover-Marken
Für Altdeutschland-Liebhaber ist Hannover ein dankbares Sammelgebiet. Die Briefmarken des Königreichs sind durchweg in guter Erhaltung verfügbar, da sie recht breitrandig gedruckt wurden. Vielleicht muss man beim 10-Groschen-Wert einige Kompromisse eingehen, die grüne Marke ist recht selten in gebrauchter Erhaltung, fehlerfreie Stücke werden verhältnismäßig hoch gehandelt. So ist der Aufbau einer in den Hauptnummern kompletten Sammlung dieses reizvollen Gebietes keine Utopie.
Zu den Eigenheiten des Sammelgebietes Hannover gehört der Begriff „Hannoverhell“. Damit ist gemeint, dass lose gebrauchte Hannovermarken stellenweise dünn erscheinen. Die Marken sind aber an diesen Stellen nicht dünn, haben keine sogenannten „Fenster“, sondern sind dort vollständig vom Gummi befreit. Die etwas dickeren Stellen tragen noch Gummireste.
Die Ursache ist bei der verwendeten Gummimischung der ersten Ausgaben zu suchen. Der rote Gummi der Briefmarken bestand aus Hausenblase, Leim, Zucker, Spiritus und dem roten Farbstoff Fernambuk. Dieser Gummi war sehr zäh und verband sich nachhaltig mit den Papierfasern der Briefmarken und war mit lauwarmem Wasser schwer zu entfernen.
Gebrauchte Hannovermarken mit Gummiresten sollte man nicht nachbehandeln, die Gummireste würden sich nur in heißem Wasser lösen, dies ist der Papierstruktur der alten Briefmarken nicht zuträglich. Selbstverständlich verbietet sich ein Ablösen altdeutscher Briefmarken von Briefen und Briefstücken.
Hannoverhelle Briefmarken sind keine Marken mit Mängeln, solange sie keine echten Dünnstellen haben.
Der Durchstich bei den Hannovermarken ist verhältnismäßig sauber ausgeführt, vergleicht man die Marken mit denen anderer durchstochenen Marken deutscher Staaten, wie zum Beispiel Bremen, welche manchmal recht „ausgefranst“ wirken. Dies erschwerte Fälschern und Reparateuren das Handwerk, hielt sie aber nicht ab. Leider gibt es auch Hannovermarken mit falschem Durchstich.
Rand-Bordüren
Besonders reizvoll und bei den Briefmarken Altdeutschlands einzigartig sind die Bordüren auf den Bogenrändern der Hannovermarken. Am Bild oben kann man einen Teil der Randbordüren gut erkennen. Einige spezialisierte Philatelisten widmen sich gerade solchen Marken und rekonstruieren so ganze Bögen. Auf 120 Briefmarken eines Bogens kommen 40 Marken mit Rand, diese Stücke sind sehr begehrt und werden entsprechend gehandelt.
Neudrucke, Nachdrucke, Fälschungen
Sicherlich sind Neu- und Nachdrucke mit Fälschungen nicht „in einen Topf zu werfen“. Allerdings haben sie alle etwas gemeinsam: Sie werden von unseriösen Zeitgenossen gerne als Originale gehandelt.
Von den Hannovermarken gibt es zahlreiche Neudrucke und Nachdrucke, eine Aufstellung würde hier zu weit führen. Grundsätzlich muss man bei den Neudrucken zwischen amtlichen Neudrucken und privaten unterscheiden.
Sämtliche Neudrucke, ob amtlich oder privat, sind ohne Wasserzeichen und nie mit rotem Gummi, viele jedoch komplett ohne Gummi hergestellt. Weiter gibt es Unterschiede in der Markenzeichnung: Beim roten 3-Pfennig-Wert (Ziffer und Krone) sind die Enden des Schriftbandes beim Original nach außen gerichtet, beim privaten Neudruck jedoch nach unten (siehe Foto).
Weitere Merkmale sind dünneres Papier mit einem leichten Webmuster bei den amtlichen Neudrucken der blauen 2-Groschen-Marke. Beim privaten Neudruck der grünen 3-Pfennig-Marke (Michel-Nr. 20) ist die originale Inschrift: DREI ZEHNTEL
die des Neudrucks: EIN DRITTEL
Von der „Nummer eins“ der Hannovermarken von 1850 existieren Fälschungen, welche aus der zweiten Ausgabe mit dem gleichen Nennwert mit Hilfe von Chemikalien zur Farbverfälschung hergestellt wurden. Solche Marken sind leicht zu erkennen, da sie der Farbe des Originals nicht sehr ähnlich sind. Ebenso muss man sich vor Fälschungen der teureren Werte hüten, wie immer empfohlen, sollte man hochwertige klassische Briefmarken ausschließlich kompetent geprüft erwerben.
Alles in Allem
Wenn man den Variantenreichtum und die Motivvielfalt der Briefmarken Hannovers betrachtet, ist der deutsche Staat ein außergewöhnliches Sammelgebiet. Zudem sind die Briefmarken des Königreichs in guter Qualität noch erschwinglich. Für den Philatelisten mit einem Faible für alte deutsche Klassik ist Hannover ein Sammelgebiet der „ersten Wahl“. Eine Hannover-Sammlung kann, wenn man sich mit den Besonderheiten wie Plattenfehler, Varianten, Nach- und Neudrucke und anderen Besonderheiten befasst, einen beträchtlichen Umfang erreichen.
Eine Betrachtung der Möglichkeiten und der Vielfalt dieses Sammelgebietes lohnt auf jeden Fall.
vielen Dank für die schöne und aufschlussreiche Seite 👍
nur noch eine Frage,
wie kann ich als Neuinteressierter eine Marke Hannover nr 6 und Hannover nr 13 unterscheiden.
im Voraus vielen Dank
Tobias Henkel
Guten Tag Tobias Henkel,
die Hannover Michel Nr. 6 (3 Pf. von 1853 hat das Wasserzeichen ‚Eichenkranz im Linienrechteck‘, die Nummer 13 (3 Pf. von 1859) dagegen hat kein Wasserzeichen. Diese Angaben finden Sie auch im Katalog. Das Wasserzeichen der Nummer 6 sollte auch ohne eine Benzinuntersuchung gut zu erkennen sein. Legen Sie die Marke mit der Rückseite nach oben auf eine dunkle Unterlage, dann sollten sich das Wasserzeichen abzeichnen, wenn es vorhanden ist. Die Nr. 6 ist relativ selten und sollte geprüft sein, bei einer Prüfung wäre dann auch geklärt, ob es sich um die Nr. 6 oder Nr. 13 handelt.
Beste Grüße
Sammeln Spezial