Ungebrochener Beliebtheit bei den Philatelisten erfreuen sich die vielfältigen Briefmarkenausgaben der Sowjetischen Besatzungszone. Reich an Abarten, wie zum Beispiel Papier-, Gummi- und Farbvarianten, um nur einige zu nennen, findet dieses Sammelgebiet besonders bei spezialisierten Philatelisten großen Zuspruch. Die Wertzuwächse bei einigen Ausgaben der SBZ sprechen da eine klare Sprache…
Nach der Aufteilung Nachkriegs-Deutschlands in die vier Besatzungszonen bestand in den Zonen entweder gar kein -oder sehr stark eingeschränkter- Postverkehr. In der sowjetischen Zone wurde der Postverkehr am 18. August wieder aufgenommen, ab dem 24. Oktober ohne Beschränkungen innerhalb der SBZ. Kurz darauf, ab dem 24. Oktober war auch der interzonale Postverkehr wieder erlaubt. Sendungen ins Ausland waren dann ab dem 1. April wieder möglich, mit einigen Ausnahmen allerdings. Sendungen nach Finnland, Spanien, Jugoslawien und Japan waren teilweise erst Jahre später wieder möglich.
Ab Juni 1945 wurden auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone wieder Briefmarken herausgegeben. Postalisch war die SBZ regional unterteilt und so wurden für folgende Gebiete bzw. OPD (Oberpostdirektionen) eigene Marken an die Postschalter gebracht:
Berlin und Brandenburg (Magistratspost Groß-Berlin und OPD Potsdam)
Bekannt für die sogenannten Bärenmarken. Vierzehn Marken in verschiedensten Papier- und Trennungsarten wurden herausgegeben. Zusätzlich durften noch unkenntlich gemachte Briefmarken der Deutschen Reichspost verwendet werden.
Mecklenburg-Vorpommern (OPD Schwerin)
Sowohl sehr kleinformatige als auch ausgesprochen große Briefmarken hat die OPD Schwerin herausgegeben, schon mit stark politisierten Motiven. Stempelfälschungen sind bei den Briefmarken Mecklenburg-Vorpommerns leider häufig.
Ost-Sachsen (OPD Dresden)
Die berühmte Potschta kommt aus Ostsachsen. Aber auch die Doppeldrucke der 3 Pfennig und 10 Pfennigmarken vom November 1945 und andere Abarten -wie die Postmeistertrennungen- machen dieses Sammelgebiet spannend.
Provinz Sachsen (Postdirektion Sachsen)
Seltene Wasserzeichenabarten auf den Wappenmarken sind kennzeichnend für dieses Sammelgebiet. Kurios wirken die Bodenreformmarken, welche u.a. auch auf dünnem Zigarettenpapier gedruckt wurden.
Thüringen (OPD Erfurt)
Bekannt für die seltenen Weihnachtsblöcke. Aber auch an Papiervarianten, teilweise recht seltene, ist dieses interessante Sammelgebiet bekannt. Erwähnenswert ist noch der Brückenbaublock.
West-Sachsen (OPD Leipzig)
Auch das Sammelgebiet SBZ-Westsachsen hat Postmeistertrennungen aufzuweisen, welche teilweise außerordentlich selten sind. Zudem sind Westsachsens Briefmarken an Wasserzeichen variantenreich.
Ebenso zählen die sogenannten Aufbrauchprovisorien des Bundesland Sachsen zu den Briefmarkenausgaben der Sowjetischen Besatzungszone. Dabei handelt es sich um provisorische überdruckte bzw. geschwärzte Briefmarken des Deutschen Reichs. Der Umgang mit diesen Briefmarkenausgaben, den „Sächsischen Schwärzungen“, gestaltet sich schwierig. Ungebrauchte Marken sind nicht prüfbar, gebrauchte Briefmarken nur eingeschränkt. Grund dafür ist, dass es für die Unkenntlichmachung von meist Hitler- oder Hindenburgmarken keine festen Regeln bestanden, die Marken wurden kurz vor der Abgabe an den Kunden geschwärzt, auch konnte dies der Postkunde einfach selbst übernehmen. Zum Einsatz kamen dabei vielfältige Utensilien, aber auch ein einfacher Daumenabdruck war möglich.
Ab dem 24. Juni 1948 folgten dann die allgemeinen Ausgaben für die gesamte Sowjetische Zone. Zur Verwendung kamen die Briefmarkenausgaben der beiden Kontrollratsausgaben, welche mit den sogenannten Bezirkshandstempel überdruckt wurden. Innerhalb von nur zehn Tagen kamen in 766 Postämtern 2000 verschiedene Bezirkshandstempel zum Einsatz. Mehr als 30.000 verschiedene Bezirkshandstempel-Marken wurden so geschaffen. Berücksichtigt man alle Varianten und Abarten, ist das Sammelgebiet der Bezirkstempel-Marken das variantenreichste deutsche Sammelgebiet überhaupt.
Weiter folgten auf die Bezirksstempel-Marken die bekannten Briefmarken mit dem dreizeiligen Maschinen-Aufdruck: SOWJETISCHE BESATZUNGS ZONE
gefolgt von Briefmarkenausgaben der SBZ, welche keinen Aushilfscharakter mehr hatten. Der Goethe-Block ist dafür ein bekanntes Beispiel.
Mit der Gründung der „Deutschen Demokratischen Republik (DDR)“ endeten die Ausgaben der Sowjetischen Besatzungszone am 7. Oktober 1947.
Kleine und große Raritäten
In der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte Mangelwirtschaft, Rohstoffe wie Papier, Gummi und Farben waren knapp, Druckmaschinen oft beschädigt. Hinzu kam, dass Betriebe und Werkstätten in dieser Zeit von den Sowjet-Russen geplündert wurden, so dass sich das Herstellen von Briefmarken als schwierig erwies. So hatten die in der SBZ gedruckten Briefmarken meist provisorischen Charakter. Interessanter ist jedoch der daraus resultierende Variantenreichtum mit unzähligen Unterschieden bei Papier, Gummi und Zähnungen. Für den sammelnden Spezialisten bietet die SBZ somit ein fast unerschöpfliches Betätigungsfeld.
Bei der Vielzahl an Varianten und Abarten sind auch einige sehr seltene entstanden. Dazu zählen zum Beispiel die Postmeistertrennungen Ost- und Westsachsens. Grob gesagt, haben die „Postmeister“ in den jeweiligen Ämtern selbst für die Perforation der Briefmarken gesorgt. Dabei kamen unter anderem auch Handräder oder Nähmaschinen zum Einsatz. Da es von den Postmeister-getrennten Briefmarken großenteils nur sehr wenige gibt, sind sie dementsprechend selten und somit teuer.
Die „Potschta“ Ausgabe – eine Berühmtheit
Eine weitere Berühmtheit ist die ostsächsische „Potschta“. Die rote Marke mit der russischen Inschrift vom Juni 1945 ist keine amtliche Ausgabe. Zur Herausgabe vorgesehen und vorbereitet, wurde sie auf Befehl des damaligen Stadtkommandanten nicht ausgegeben und sollten vernichtet werden. Einige Stücke gelangten jedoch über „dunkle Kanäle“ in den Handel und wurden so zu gesuchten Sammlerstücken. Von dieser Marke sind sogar zwei komplette Bögen erhalten geblieben.
Große Raritäten sind die Briefmarkenausgaben der ersten Ausgabe der Provinz Sachsen mit der Wappenzeichnung und dem Wasserzeichen „Stufen steigend“ vom 10. Oktober 1945. Ein Satz der Marken mit dem Wasserzeichen „Stufen fallend“ notiert im Katalog mit 6,00 €, die seltene Variante mit den steigenden Stufen steht mit vollen 33.000 € im Katalog für die postfrische Erhaltung.
Ebenso durch die recht primitive Herstellung der Marken dieser Zeit sind die Ausgaben der Sowjetischen Besatzungszone reich an Plattenfehlern. Selbst einem spezialisierten Philatelisten dürfte es kaum gelingen, alle Plattenfehlermarken der SBZ zusammenzutragen. Im handelsüblichen Katalog ist ohnehin nur ein kleiner Teil der bekannten Plattenfehler verzeichnet. Ausführlicher sind verschiedene im Handel befindlichen Spezialkataloge, welche oft von spezialisierten ARGE-Mitgliedern verfasst und aktualisiert werden. Zudem werden immer noch neue Plattenfehler entdeckt. Marken der SBZ mit Plattenfehlern sind nicht grundsätzlich unerschwinglich und so ist dieses Sammelgebiet auch für den weniger betuchten Sammler ein lohnendes Gebiet.
Briefmarken der SBZ und ihre Erhaltung
Zur Zeit der Briefmarkenausgaben der Sowjetischen Besatzungszone war die Philatelie schon ein etabliertes Hobby und es gab schon genügend Sammler, welche eben mit diesem Sammlergedanken an die Postschalter gegangen und die neuen Briefmarken erworben haben, oft auch mit spekulativem Hintergedanken. So wurden die Briefmarken von vornherein pfleglich behandelt, aus diesem Grunde existieren auch heute noch sehr viele Marken in einwandfreier Erhaltung aus dieser Zeit, allerdings auch reichlich Falzmarken, da Klebefalze noch weit verbreitet und ein übliches Mittel waren, Briefmarken auf Albenblättern zu befestigen.
Durchaus üblich für Briefmarken aus dieser Periode sind unsaubere Zähnung bei bestimmten Ausgaben, ebenso ist der Gummiauftrag bei manchen Marken herstellungsbeding oft bügig oder unsauber. Beide Dinge stellen also absolut keinen Mangel dar. Man muss sich tatsächlich der Tatsache bewusst sein, dass die Briefmarken dieser Zeit unter sehr einfachen Bedingungen mit oft schlechten Rohstoffen hergestellt wurden, so erklären sich vereinzelte „Unebenheiten“ bei den Briefmarkenausgaben der SBZ.
Fälschungen bei Briefmarken der Sowjetischen Besatzungszone
Alles was in der Philatelie wertvoll und somit teuer ist, wird auch gefälscht. Dies gilt leider auch für die Briefmarken der Sowjetischen Besatzungszone. Besonders betrifft dies die Marken mit den Bezirkshandstempelaufdrucken. Diese Marken boten sich Fälschern aufgrund der sehr einfachen Handstempelaufdrucke geradezu an, es sind unüberschaubar viele Fälschungen von diesen Provisorien auf dem Markt. Solche Marken sollte man grundsätzlich nur aktuell BPP-geprüft erwerben.
Ebenso betrifft es die Briefmarken mit den Postmeistertrennungen, auch diese Marken werden oft gefälscht, hergestellt aus Originalmarken mit nachträglich angebrachtem Durchstich. Und auch hier gilt der Grundsatz: nur kompetent geprüfte Stücke erwerben, im Zweifel verzichten!
Nicht zuletzt gibt es auch reichlich nachgestempelte Marken und solche mit falschem Stempel. Gefährdet sind alle Briefmarken, welche gebraucht erheblich teurer sind als ungebraucht.
Neudrucke von Briefmarken der SBZ existieren nicht, aber eine recht große Anzahl an Probedrucken.
Oft finden sich bei Online-Händlern sogenannte „Nachdrucke“ von den thüringischen Weihnachtsblocks. Diese Machwerke sind ausnahmslos Fälschungen bzw. privat hergestellte Drucke ohne jeden Wert und für den Philatelisten uninteressant. Hochwertige Stücke wie eben die SBZ-Blocks und andere Sammlerstücke sollten daher nur geprüft und vom seriösen Händler erworben werden! Seltene Marken in guter Erhaltung und mit aktueller Echtheitsbestätigung sind nicht zum Schnäppchenpreis zu haben.
Interessante Sammelgebiete, reich an Abarten und Varianten
Die Briefmarkenausgaben der Sowjetischen Besatzungszone sind ein besonders spannendes Sammelgebiet, nicht zuletzt wegen ihres Reichtums an Farb-, Papier-, Wasserzeichen- und Zähnungsvarianten. Eine Spezialsammlung, welche nur eines der SBZ-Sammelgebiete umfasst, kann da sehr umfangreich werden, siehe Artikel Papiersorten Thüringen. Die Vielfalt in den Varianten ist den primitiven und provisorischen Herstellungsmethoden der Nachkriegszeit geschuldet. Bis heute werden neue Abarten entdeckt und in die Kataloge aufgenommen.
Angefangen mit einer preiswerten Grundstocksammlung, kann man mit der Zeit und etwas Enthusiasmus eine exklusive SBZ-Spezialsammlung entwickeln, ohne sich „verausgaben zu müssen“. Das Sammelgebiet „Sowjetische Besatzungszone“ genauer zu betrachten, lohnt sich auf jeden Fall.